Der Angeklagte Zahnarzt hat in 33 Fällen seinen Patienten und Patientinnen Zähne extrahiert, obwohl es hinreichend aussichtsreiche Behandlungsalternativen gegeben habe. Im Vertrauen auf die Angaben des Angeklagten hätten die Patienten den Zahnextraktion zugestimmt, worauf hin der Angeklagte diese Eingriffe mittels der dafür erforderlichen ärztlichen Instrumente vorgenommen hat.
Die Anklage geht davon aus, dass es dem Angeklagten dabei darauf angekommen sei, seinen Patienten im weiteren Verlauf mit für ihn einträglichem Zahnersatz versorgen zu können.
Das Landgericht hat mit dem angefochtenen Beschluss die Eröffnung des Hauptverfahrens mit der Maßgabe zugelassen, dass es in rechtlicher Hinsicht von 29 tatmehrheitlichen Vergehen der vorsätzlichen (einfachen) Körperverletzung gemäß § 223 StGB auszugehen sei. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass von einem zugelassenen Arzt bestimmungsgemäß verwendete ärztliche Instrument grundsätzlich weder eine Waffe, noch ein gefährliches Werkzeug sei. Folge ist, dass der Arzt, wenn keine wirksame Einwilligung des Patienten in den Eingriff vorliegt, nur wegen vorsätzlicher Körperverletzung gemäß § 223 Abs. 1 StGB zu bestrafen ist.
Gegen diesen Beschluss hat die Staatsanwaltschaft sofortige Beschwerde eingelegt, da sie davon ausgeht, dass alle Taten als gefährliche Körperverletzung im Sinne von § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB zu qualifizieren seien.
Das Oberlandesgericht Karlsruhe hat die sofortige Beschwerde als begründet erachtet.
Begründet hat dies das OLG damit, dass aufgrund der neuen Fassung des § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB die Waffe nunmehr als Unterfall eines gefährlichen Werkzeugs zu verstehen sei. Demzufolge könne eine Abgrenzung, ob ein ärztliches oder zahnärztliches Instrument als gefährliches Werkzeug einzustufen sei oder nicht, nicht mehr danach erfolgen, ob es gleich einer Waffe zu Angriffs – oder Verteidigungszwecken eingesetzt werde. Es sei bei ärztlichen Instrumenten, wie vorliegend diese zur Zahnextraktion danach zu fragen, ob der Gegenstand aufgrund seiner objektiven Beschaffenheit und der Verwendung im konkreten Fall dazu geeignet sei, dem Opfer erhebliche Verletzungen beizubringen.
Dies ist nach Auffassung des Senates der Fall. Sowohl nach der Intensität, als auch der Dauer der gravierenden Verletzungen im Mundraum der Patienten sei dies gegeben.
OLG Karlsruhe, Beschluss vom 16.3.2022 – 1 Ws 47/22, StraFO 6/2023, S. 243f.
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