OLG Nürnberg, Beschl. v. 10.08.2018 – 1 Ws 605/17
Leitsatz: Die Sichtung und Erhebung von Datenmaterial ist eine Sachverständigenaufgabe, wenn der Beauftragte nicht nur Unterlagen sichtet, sondern mit spezieller Software und Fachwissen ermittlungsrelevante Tatsachen zusammenstellt.
Sachverhalt: Der Verurteilte wurde wegen Verbreitung kinderpornografischer Schriften zu 9 Monaten Freiheitsstrafe verurteilt. Ihm wurden Verfahrenskosten auferlegt. Die Kriminalpolizei beauftragte die Firma X. zur Auswertung beschlagnahmter Datenträger, die kinderpornografische Inhalte überprüfte. Die entstandenen Kosten in Höhe von 5.789,35 Euro wurden dem Verurteilten als Sachverständigenkosten in Rechnung gestellt.
Verfahrensgang: Gegen die Kostenrechnung legte der Verurteilte Erinnerung und Beschwerde ein, da er die Einordnung kinderpornografischer Inhalte als Aufgabe der Strafverfolgungsbehörden sah. Sowohl das Amtsgericht Hersbruck als auch das Landgericht Nürnberg-Fürth wiesen die Beschwerden zurück. Das OLG Nürnberg erklärte die Kosten für gerechtfertigt, da die Firma X. eigenverantwortlich tätig wurde und die Sichtung als Sachverständigenaufgabe anerkannte. Die beauftrage Firma hat – mit Hilfe spezieller Software – das PC-System ausgewertet und mittels Bilderfilter und spezieller Filmsoftware eine immense Menge an Bilddateien mit kinderpornographischem Inhalt und Videodateien festgestellt. Dies erfordert – entgegen der Einschätzung des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in seiner Entscheidung vom 10.01.2017, Az. 2 Ws 441/16 (abgedruckt in NStZ-RR 2017, 127 f) – mehr Fachwissen als eine reine technische Unterstützung bei der Wiederherstellung von Dateien (vgl. BGH Beschluss vom 02.03.2011, 2 StR 275/10, StV 2011, 483).
Entscheidung: Die Beschwerde wurde abgelehnt. Die entstandenen Kosten für die Sichtung und Auswertung der Datenträger gelten als Sachverständigenkosten, die der Verurteilte tragen muss.
OLG Nürnberg, Beschl. v. 10.08.2018 – 1 Ws 605/17
Burhoff, Newsletter 22/2024
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